Ein flüchtiger Moment des Vermissens

„Heute ist Diane ja gar nicht da!“, kommentierte ich letztens beim Frühstück. Das Gegenüber, die mit mir frühstückte, hat mich nur angeschaut. Anscheinend beschäftigte diese Tatsache mein Gegenüber nicht so sehr wie mich.

Diane ist eine der beiden Moderator*innen der Frühsendung unseres Stammradiosenders und wechselt sich im wöchentlichen Rhythmus mit ihrem Kollegen ab. Im Gegensatz zu meinem Gegenüber war ich irritiert, als eine ganz andere Stimme zu uns sprach. Ohne zu wissen, dass ich es tat, hatte ich Diane erwartet und mich auf ihre Stimme eingestellt. Als sich zu der Irritation noch ein gewisses Bedauern und Enttäuschung gesellte, merkte ich, dass ich mich unterbewusst auf sie gefreut hatte, sonst hätte ich kaum enttäuscht werden können. Nach all der „gemeinsamen“ Radiozeit hatte sie mir ein gewisses Gefühl von Vertrautheit gegeben.

Wenn Menschen entgegen unserer Erwartung (weil Gewohnheit) nicht da sind und uns das auffällt, ist das nichts ungewöhnliches. Wenn ein*e Kolleg*in ohne Vorwarnung nicht da ist (krank), fällt uns das auf. Oder wenn eine Person, mit der wir regelmäßig in Kontakt sind, z. B. über Chats oder Mails, lange nicht antwortet, merken wir das. Oder wenn YouTube-Videos, Blogposts, Podcastfolgen lange ausbleiben, fragen wir uns, wie es der*dem Content-Creator geht.

Aber in all diesen Situationen ist das auf irgendeine Weise eine aktive Tätigkeit. Ich rufe bewusst das Medium auf, um wieder was zu hören oder mit der*dem Kolleg*in ist man aufgrund eines Projektes in regelmäßigem Kontakt. Es ist viel präsenter.

Semi wahrgenommene Situationen des Alltags

Und dann gibt es noch diese Situationen im Leben, die zwar zum Alltag dazugehören, die man aber nur so semi wahrnimmt. Das Radio ist für mich so eine Situation. Es ist ein Medium, das nebenher läuft. Ich mache es morgens oder wenn ich was im Hintergrund haben möchte an und schalte es aus, wenn ich mich konzentrieren möchte. Das Radio und alles was dazu gehört – Programm, Moderator*innen, Musik – ist halt da ganz ohne meine aktive Partizipation.

Ich habe mich nicht dazu entschieden, die Morgenshow aus einem bestimmten Grund hören zu wollen, sondern es hat sich ergeben, weil ich morgens gerne etwas audiomäßiges laufen lasse. Und dafür, dass es eigentlich eine Nebenhersache ist,  habe ich tatsächlich eine ganz eigene Verbindung zu den Moderator*innen aufgebaut.  Ich habe mich in dem Moment, als Dianes Stimme nicht erklang, instantly gewundert. Ist das noch Aufmerksamkeit oder schon eine Form des Vermissens? Dieses kurze Aufhorchen, weil eine vermeintliche Kleinigkeit anders ist.

Ich denke gerade an all die Menschen, mit denen ich irgendwo im Alltag in Kontakt komme und die ich immer wieder treffe, weil der Alltag das so geschehen lässt: Mitarbeiter*innen in der Bäckerei oder dem Supermarkt,  die Fachkraft in der Bücherei oder das Team in der Dönerbude um die Ecke.  Ich wäre ganz kurz irritiert, wenn sie entgegen meiner Erwartung nicht da wären. Ein flüchtiger Moment des Vermissens.

Es ist komisch, dieses Gefühl tatsächlich als Vermissen zu bezeichnen. Das Wort „vermissen“ wirkt zu groß für das, was ich beschreibe, aber unwahr finde ich es auch nicht.

Was denkst du? Fallen dir Menschen ein, mit denen du im Leben auf den ersten Blick nichts zutun hast, die dir aber auf eine ähnliche Weise „fehlen“ würden, wenn sie mal nicht da wären?

Posten oder nicht posten?

Diese Aussagen sind soweit wahr:

  1. Es gibt Dinge, die mich so sehr beschäftigen, dass ich unbedingt darüber sprechen/schreiben und sie teilen will. Das ist mein Mitteilungsbedürfnis.
  2. Ich möchte mein Mitteilungsbedürfnis im Internet stillen. Und mein persönlicher Ort dort ist mein Blog geworden.
  3. Das Internet ist ein offener Ort, zu dem sehr viele Menschen Zugang haben.
  4. Mein Blog ist Teil des Internets und offen zugänglich.
  5. Mein Blog ist ein Stück safe space für mich geworden.

Die Kombination aus 1, 2 und 5 ist schön, darüber freue ich mich. Wieso sollte ich mich nicht freuen, dass es irgendwo einen Ort gibt, an dem ich mich mitteilen kann und mich dabei wohlfühle? Problematisch wird es aber durch Aussage 3 und 4, weil ich grundsätzlich ein Mensch bin, dem der Selbstschutz im Internet nicht komplett schnurz ist. Und diese Umstände machen das Bloggen an manchen Tagen für mich ganz schön schwierig, weil ich nicht weiß, wohin es mich mehr zieht. „Posten oder nicht posten? Will ich mich heute mitteilen und dafür ein bisschen mehr von mir erzählen oder lieber doch für mich behalten und schön die Grenzen des Privaten wahren?“

Jedes Mal, wenn sich mir diese Frage stellt, wünsche ich mir einen Leitfaden, einen Entscheidungsbaum mit Ja/Nein-Fragen. Wie bei diesen Tests in den Jugendmagazinen, wo mir am Ende gesagt wird: „Ja, posten, sofort!“ oder „No way! Das ist zu privat!“. Aber sowas gibt es leider nicht. Stattdessen gibt es nur ein vages „Das macht schon mein Bauchgefühl“, aber wer versichert mir, dass mein Bauchgefühl sich nicht in die Irre leiten lässt und Situationen falsch einschätzt?

Richtig, niemand. Aber Tatsache ist auch, dass das bisher die beste Option ist. Mittlerweile – ich habe dieses Thema unendlich oft in meinem Kopf aufgemacht und diskutiert – weiß ich, dass die Entscheidung für/gegen das Posten komplexer ist als ein Ja/Nein-Entscheidungsbaum. Sie hängt mehr als nur von der Thematik oder der reinen Information an sich ab. Was ebenso wichtig ist: der Kontext, der Zeitpunkt, die eigene Persönlichkeit, der Gemütszustand. Am Tag X mag ein Text noch viel zu persönlich sein. Aber aufgrund eines Moments der Erkenntnis könnte ich zwei Tage später zu dem Schluss kommen, dass der Tag gekommen ist, um genau diesen Text zu veröffentlichen. Ich werfe den Selbstschutz über Bord, weil die Mitteilung in die Welt das allemal wert ist.

Besonders die Technik des Internets macht das Bloggen und die Entscheidung zwischen Mitteilungsbedürfnis oder Selbstschutz an manchen Tagen zu einer echten Gratwanderung. Es ist die Kombination aus

  • Asynchronität des Informationsflusses (= Information kann viele Zeit später und immer wieder aufgerufen werden)
  • Vermischung vom sicheren Ort des Schreibtisches mit der Sicherheit des zweidimensionalen Browsers, hinter dem sich das weitläufige Internet befindet
  • Schnelligkeit des Internets, die jeden Impuls aufnimmt und jede Wartezeit und damit auch Momente des Zögerns und Reflektierens eliminiert
  • und noch vieles mehr, was ich vergessen habe, hier aufzuzählen.

Du weißt nicht, wie oft ich diesen Text hier umgeschrieben habe und wie viele Gedanken ich gestrichen habe, weil es den Rahmen sprengen würde. Ich wollte doch nur mal kurz über diese Frage, die mich wiederholt umtreibt, schreiben und keine Abschlussarbeit. Aber ich muss zugeben, es ist ein sehr komplexes Thema und umso länger ich mich damit befasse, desto mehr Kommentare fallen mir ein, inwiefern die Frage „Posten oder nicht posten?“ beantwortet werden kann oder was noch alles beachtet werden könnte. Der Text klingt an einigen Stellen abgehackt und vielleicht auch kryptisch. Vielleicht findet sich mal Motivation, das größer aufzuziehen. Aber mittlerweile bin ich an einem Punkt angekommen, wo es mir nur noch darum geht in die Welt hinauszuposaunen, wie ich zukünftig zwischen Mitteilungsbedürfnis und Selbstschutz entscheiden will.

Also: Wie?

Die Aussage „Das macht schon mein Bauchgefühl“ ist nicht falsch, sie war nur unvollständig. Ich erweitere sie auf „Höre auf dein Bauchgefühl. Aber frage jedes (!) Mal aktiv dein Bauchgefühl. Denn jedes Mal befindest du dich in einem anderen Kontext, einem anderen Gemütszustand, an einem anderen Zeitpunkt in der Gesellschaft und in deiner persönlichen Entwicklung“.

Und dann wird der Bauch schon vor Vorfreude glucksen – oder sich doch lieber aus Skepsis dem Internet gegenüber zusammenziehen.

Ein Bloglebensupdate

Hui, was darf’s denn heute sein? Laut meinem eigenen Blog-Fahrplan wäre Something with Photo dran. Aber das zweite Monatsdrittel fängt schon an, sodass eigentlich die nächste Station angefahren werden sollte und ich spät dran bin. Davon abgesehen bin ich nie in den Flow gekommen was meinen Blog-Fahrplan angeht *seufz*. Deshalb gibt es einfach was ganz anderes, ein Lebensupdate. Ah, besser: Ein Bloglebensupdate!

Ich habe eine neue Arbeit begonnen und das hat meinen bisherigen Alltag neu aufgewirbelt und ich muss mich erst mal wieder zurechtfinden, so „Work-Life-Balance“-mäßig. Abends war ich nach der Arbeit so platt, dass ich nur noch fähig war zu essen, duschen und schlafen. Das nervt mich insofern, da ich bis dahin einen Alltag mit recht viel Zeit für allerlei (Blog und anderes cooles Firlefanz) hatte. Daher heißt es jetzt: Umdenken und umgewöhnen.

Dazu kam noch, dass ich meinen Laptop für einige Wochen nicht benutzen konnte und ohne ihn hat alles im Internet nur noch ganz wenig Spaß gemacht (wie das klingt). Das hat den digitalen Teil meines Lebens auch sehr beeinflusst.

Gerade hat alles wieder seine Ordnung, daher nutze ich mal die Minute und schreib mir paar Dinge aus dem Kopf!

Ob in der Zwischenzeit, also den letzten Wochen, irgendwas gelaufen ist (abgesehen von der neuen Arbeitsstelle)?

Ein bisschen schon. Um ein Bloglebensupdate direkt sortiert zu geben, nutze ich meine drei Kategorien:

Something with Photo

An einem Wochenende war ich draußen unterwegs und fotografieren. Nicht analog, sondern digital. Die Fotos müssen per se also nicht mehr entwickelt werden, zumindest nicht chemisch. Aber die „Postproduktion“ aka die Bearbeitung der Fotos (und auch die Auswahl!) der Fotos ist noch nicht durch und das möchte ich auf jeden Fall noch machen. Und dafür möchte ich mir ausgiebig(er) Zeit nehmen. Da ich in absehbarer Zeit wieder auf meinen Laptop verzichten werde, könnte das also noch etwas dauern. Außerdem habe ich mir eine weitere analoge Kamera gekauft und die will ich auch testen. Das geht auch ohne meinen Laptop (juchu!), schwieriger könnte es da mit der Entwicklung werden (weiß nicht, ob das Labor meines Vertrauens aktuell wegen Corona geöffnet hat *hmm*).

lautgedacht (thinking out loud)

Ich habe einige Sachen angefangen, aber nicht weitergeschrieben, weil ich lieber den nächsten Gedanken aufschreiben wollte. Das war aber nicht der einzige Grund. Bei einigen Themen habe ich schon gemerkt, dass sie noch einige Zeit benötigten bis sie sich rund anfühlen würden. Dafür hatte ich einfach nicht die Geduld. Deshalb habe ich sie dann absichtlich links liegen gelassen. Die Themen an sich machen schon Spaß, aber wenn der Spaß dann eine gute Weile dauert, dann überlege ich es mir zurzeit zweimal, ob ich das wirklich angehen will. Aber ich sehe es positiv: Die Grundlage der Texte ist schon mal da! 😄

Scanner focus

Bisher sehr stiefmütterlich behandelt. Leider! Auf dem Blog habe ich noch gar nichts dazu gepostet und eigentlich ist das aus meiner Sicht eine coole Kategorie. Auf die habe ich mich echt voll gefreut und tu es immer noch! Auch hier ist schon was in der Pipeline (lol, dieses Wort ist für meinen Blog etwas hochgegriffen). Wahrscheinlich kann sich außer mir niemand was unter dieser Kategorie vorstellen. Daher hoffe ich sehr, dass ich zukünftig endlich bisschen von meiner Scanner-Seite zeigen kann, hehe.

So, das war jetzt viel angeteasert, damit du ja wiederkommst! Wobei ich nicht weiß, ob meine Teaser dich neugierig gemacht oder doch eher abgeschreckt haben :’D

Und last but not least:

Hier sitze ich also wieder und überlege, wie ich das mit dem Bloggen an sich gestalten kann. Fahrplan hab ich jetzt ja schon, an den habe ich mich bisher so zu 66,6 % gehalten … eine Quote, die in Ordnung ist (ginge aber auch besser). Aber da stellt sich mir schon die Frage, ob der Fahrplan in seiner jetzigen Form (jede Kategorie bekommt ein Drittel eines Monats) wirklich was für mich ist. Das spontane Schreiben fällt mir innerhalb dieses Fahrplans auch noch schwer. Aber auch hier sehe ich es positiv: Zwar ungewollt, aber ich habe ein wiederkehrendes Thema, das lautet „Wie schaffe ich es, einen Blog am Leben zu halten?“

Ich weiß, ich mache mir (zu) viele Gedanken. Aber ich versuche nicht nur zu grübeln (also sich mit den Gedanken im Kreis bewegen ohne eine Lösung zu finden), sondern versuche auch eine Lösung zu finden und das mitzunehmen, was aus einer Sackgasse mitzunehmen ist.

Was ich aus meiner aktuellen Blogsituation (= meine aktuelle Sackgasse) mitnehme: Die drei Kategorien finde ich immer noch supi und an denen habe ich mich tatsächlich sehr gut orientieren können. Bloß die Zeitaufteilung ist für mich noch ein Rätsel. In dem Sinne: Ich geh mal nachdenken!

Foto: bearbeitetes Original von Miriam Espacio by Pexels