Vom Gedanken zum Text – unerwartet schwer

Das „nicht-nur-für-mich“-Schreiben, im Gegensatz zum Tagebuch/Journaling, fällt mir deutlich schwerer als ich dachte. Tagtäglich sausen hunderte von Gedanken (minimal übertrieben) durch meinen Kopf und damit mindestens so viele Schreibimpulse. „Das muss ich in einen Text packen und der Welt mitteilen!“, ruft es in meinem Kopf. Aber wie ich jetzt gemerkt habe, ist der Weg von einem losen Gedanken zu einem strukturierten Text ein langer Weg. Ein sehr langer Weg.

Es ist frustrierend, ernüchternd und demotivierend. Wenn ich da sitze und versuche, die Gedanken zu sortieren und es einfach nicht gelingen will. Das Gefühl hatte ich bereits beim Text mit meinem Gewissen und meiner Wohlfühlblase (here). Da dachte ich noch, dass es am Thema liegt, das ich als vielschichtig und komplex wahrnehme und mir deshalb eine klare Strukturierung schwer fiel. So langsam habe ich aber das Gefühl, dass das was grundsätzliches bei mir sein könnte. Es scheint bei mir nicht zu funktionieren, dass ich mich an Papier & Stift setze (oder Bildschirm & Tastatur) und dann fließen die Wörter schon von selbst in einen schönen und sinnvollen Text.
Oh, sicherlich nicht! Die Wörter fließen, das ja. Und da hört es mit meinem Wunschdenken schon auf und das Problem taucht erst auf. Strukturieren! Ist gar nicht so einfach. Das Ding ist nämlich: Ein Text verläuft „linear“. Damit meine ich, dass ich einen Text lese, Wort für Wort und Satz für Satz. Und dadurch erfasse ich als Leserin schrittweise den Inhalt.
Das Denken dagegen passiert nicht wirklich „linear“. Wenn ich gerade dabei bin, einen Gedanken in einen Satz zu verbauen, ploppen im Kopf links und rechts noch mindestens tausend weitere Gedanken auf, die eingebaut werden wollen. Sowas kann ich nicht 1:1 übernehmen, weil sonst jede:r verloren geht im Text – inklusive mir. Deshalb strukturiert man Texte, was aber mächtig anstrengend ist. Ich habe mir das Schreiben von Gedanken zu Blogtexten irgendwie einfacher vorgestellt (LOL).

Dazu kommt, dass ich noch keinen passenden „Schreibmodus“ gefunden habe. Anfangs dachte ich, dass die Muse zum Schreiben und Strukturieren schon kommen wird, wenn ich mir Zeit nehme und mich hinsetze. Auch hier habe ich feststellen müssen, dass das bei mir auf diese Weise nicht funktioniert. Mehrere Male entstand nicht mehr als chaotisches Blabla und damit kam der Frust. Und soeben ist mir in der Hinsicht eines klar geworden: Ich denke immer noch zu ergebnisorientiert. Vielleicht ist die Prozessorientierung ein Schritt in die richtige Richtung. Ich sollte weniger versuchen, meinen Text zu einem bestimmten Zeitpunkt zu beenden und weniger auf das Ergebnis (und das Ende) hinzuarbeiten. Und stattdessen die Zeit und den Prozess des Schreibens, wo ich die Wörter hin- und herwerfe, ein bisschen mehr … genießen. Nicht, dass dieser Wechsel einfach wäre. Aber es gilt: Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung – Sprichwörter sind genau mein Ding, hehe.
Zum fehlenden Schreibmodus gehört auch die fehlende angenehme Schreibumgebung. Jede:r hat eine motivierende und stimulierende Schreibumgebung. Vielleicht eine bestimmte Uhrzeit, ein bestimmter Ort, eine bestimmte Herangehensweise, eine bestimmte Atmosphäre. Ich habe noch keinen Anhaltspunkt, was mich zum Schreiben motiviert und möchte das jetzt step by step und mit der Trial and Error-Methode herausfinden.
Und last but not least ein Gedanke, der von den zwei Rice and Shine-Podcasterinnen und Journalistinnen Vanessa Vu und Minh Thu Tran angestoßen wurde: Quantität über Qualität (das ist meine Interpretation). Oder wie andere sagen würden: Übung macht den Meister.

Diese Dinge packe ich also in meinen Fazitkoffer fürs Schreiben:
  • Weniger ergebnisorientiert, mehr prozessorientiert schreiben.
  • Quantität über Qualität.
  • Motivierende Schreibumgebung entdecken.

Foto von Jessica Lewis von Pexels. Bearbeitet von mir.

PS: Jop, ich benutze Stockphotos. Es müssen nicht immer die eigenen Fotos sein, andere sind auch ziemlich cool!

Sunny 16: Der Film ist voll und abgegeben – jetzt: warten | Sunny 16 #1, Teil 2

Das letzte Mal (here) habe ich von der Entdeckung der Sunny 16-Regel erzählt. Mit meiner Kamera namens Nola wollte ich das direkt praktisch ausprobieren und habe in den manuellen Modus gewechselt, wo ich vor dem Schießen des Bildes die Blende und die Verschlusszeit selbst einstellen muss. Diese Aufgabe hat sonst Nola übernommen und ich nun ihr abgenommen. Trotzdem gibt Nola weiterhin ihren Senf dazu. Meine Kamera hat einen funktionierenden Belichtungsmesser und im Sucher wird mir dann eine Einschätzung zu den gewählten Einstellungen gegeben. Ich sehe ein Plus-Zeichen, wenn mit den Einstellungen das Bild eher überbelichtet wird oder ein Minus-Zeichen, wenn es eher unterbelichtet wird. Oder tatsächlich keins von beiden – dann wäre das Bild laut der Kamera gut belichtet.

Das erschwert das Ausprobieren der Sunny 16-Regel, weil ich diese Bewertung nämlich schwer ignorieren kann. Muss ja durch den Sucher schauen, um den Bildausschnitt zu sehen. Aber dort ist dann eben auch dieser Kommentar (bisher immer ein Plus oder Minus, nie perfekt gewesen haha). Um mich nicht zu sehr beeinflussen zu lassen, lege ich vor dem Durchgucken und dem Bildschießen schon alle Einstellungen fest. Ohne durch die Kamera zu gucken, checke ich vorher die Lichtsituation ab, wende die Sunny 16-Regel an und entscheide mich für meine Einstellungen und stelle sie ein. Auch wenn ich einen letzten Blick durch den Sucher machen muss und Nolas Meinung nochmal sehe, bleibe ich konsequent und ändere nichts mehr. Ich drücke den Auslöser und schieße das Foto.
Aber wenn ich dann ein Minus-Zeichen im Sucher sehe, dann lasse ich mich manchmal schon dazu hinreißen, ein zweites Foto zu machen mit angepassten Einstellungen. So gar nicht beeinflussen lassen vom Belichtungsmesser funktioniert also bei mir (noch) nicht. Immerhin das erste Bild ist immer „mein“ Bild.

Ich bekomme also recht schnell ein „objektives“ Feedback, ob meine Einstellungen passen. Und bisher scheint es so, dass ich eher dazu tendiere meine Bilder unterzubelichten – „objektiv“ gesehen. Und habe dann in nachfolgenden Fotos diese Kommentare durchaus mitgedacht und die Einstellungen angepasst, sodass sie ein bisschen heller werden. Wie gut die Bilder letztendlich belichtet wurden – und viel wichtiger, ob mir die Bilder mit der Belichtung gefallen – kann ich noch nicht sagen. Ich habe die Ergebnisse noch nicht. (Schrecklich, dieses Warten! Warum tu ich mir das mit dieser analogen Fotografie an?)

Den vollen Film habe ich letzte Woche abgegeben und bin jetzt gespannt, wie die Fotos werden. Und frage mich, wie viele Fotos überhaupt was geworden sind. Sind denn alle Bilder halbwegs gut belichtet worden, sodass etwas erkennbar ist? Oder ist die Hälfte für die Tonne? xD

Jetzt heißt es abwarten und Tee trinken. Aber das tu ich eh immer.

Foto von Julia Sakelli von Pexels. Spruch von unbekannt. Bearbeitet von mir.

(Lies hier: Teil 1 und Fortsetzung im Teil 3)

Meine Wohlfühlblase mit meinem Gewissen vereinbaren

In den letzten Tagen habe ich wiederholt versucht, einen Text zu schreiben. Aber meine Gedanken waren so verworren, kein roter Faden erkennbar. Immer wieder habe ich von Neuem angefangen. Mal mit Fragen, die mir durch den Kopf gingen, dann doch lieber mit den Antworten, die ich darauf fand. Aber es wollte nicht so richtig werden. Es war frustrierend für mich, meine Gedanken nicht schriftlich sortieren zu können. Also hab ich es erst mal gelassen. Jetzt versuche ich mit einem anderen Ansatz meine Gedanken mitzuteilen. Gewissermaßen aus der Distanz.

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Der Gedanke: Wohlfühlblase und Weltgeschehen

Der Gedanke, den ich ausführen wollte, beschäftigt sich mit meinem schlechten Gewissen, das ich habe, wenn ich mich zurzeit zufrieden in meine Wohlfühlblase begebe, die mit Hobbys und Projekten geschmückt ist. Zur gleichen Zeit passieren weiterhin Dinge auf der Welt, die mit dem Wort „schlecht“ nur sehr oberflächlich beschrieben werden können. Als ob die Pandemie an sich nicht genug wäre, haben sich in den letzten zwei Wochen schlimme Dinge ereignet, die die Menschen vor Ort sehr verunsichert zurücklassen. Ich, aus der Ferne, kann kaum erahnen, was für ein schreckliches Gefühl es sein muss, wenn sich ein Attentat in der eigenen Stadt ereignet. Dazu diese Woche der Beginn des Lockdown lights und die Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten. Alles kräftezehrend. Aber für mich nur sehr am Rande. Schnell erscheint mir das Weltgeschehen wieder fern und ich nehme sie nur zur Kenntnis. So sehr habe ich mich in meine kuschlige Blase eingemummelt. Ich sitze zuhause, freue mich auf die Zeit mit mir und genieße sie. Weil ich meinem Interesse nachgehen konnte, mich neu ausprobiert habe, etwas gelernt habe. Und mir wird bewusst, wie ignorant ich dem Weltgeschehen gegenüber sein kann.

Die Frage(n)

Die Fragen, die ich mir stellte, waren also:
Darf ich guten Gewissens mich ständig mit meinem Wohlbefinden und Glücklichsein beschäftigen, während da draußen so vieles beschissen läuft? Möchte ich so ignorant und egoistisch sein und mich so abschotten?
Die Wörter ignorant und egoistisch sind bei mir negativ behaftet, obwohl ich mittlerweile nicht mehr denke, dass egoistisch ausschließlich schlecht sein muss.
Meine Antwort darauf? „Ja, ich darf.“ Aber Teil der Antwort ist auch eine Gegenfrage. Für mich stellt sich am Ende nicht mehr die Frage, ob ich das will und darf, mich vom Weltgeschehen zurückzuziehen. Viel mehr frage ich mich jetzt:
Wie und wie lange will ich das bzw. mich davon zurückziehen?

 Die Antwort(en) auf die Gegenfrage

Diese Frage beantwortet jede:r für sich selbst – ganz klar. Jede:r hat eine eigene Biografie und Umstände, die die Antwort beeinflussen. Meine Antwort sieht wie folgt aus:
  1. Es braucht ein Gleichgewicht aus Entspannung und Spannung.
  2. Spannung: Sich mit dem Weltgeschehen beschäftigen, wissen was um mich passiert und hingucken.
  3. Entspannung: Ich darf mir gute Zeit gönnen und diese genießen.
  4. Diese Entspannungsphase kann aber nicht ewig andauern, denn durch die Beschäftigung mit mir selbst (auch bekannt unter Me-Time oder Selbstoptimierung) wird die Welt auch nicht besser.
  5. Die Welt wird aber auch nicht durch ein schlechtes Gewissen besser. Viel mehr braucht es Aktion. Was folgt aus dem schlechten Gewissen?
  6. Ich nutze die Zeit der Entspannung, um – welch Überraschung! – mich zu entspannen. Freier Kopf. Daraus kann ich hoffentlich Kraft tanken.
  7. Ich erwarte aber auch von mir, Verantwortung zu tragen, wenn ich die Kraft dazu habe. Verantwortung kann sehr unterschiedlich definiert werden. Dazu gehört meiner Meinung auch schon zu wissen, dass die Welt als System verdammt ungerecht ist. Und sich als Teil des Systems zu sehen, was bedeutet, dass man auf jeden Fall irgendwie „mit drin hängt“.
  8. An dieser Stelle, mit dem Wissen, darf es im Alltag durchaus enden. Langfristig will ich weiter: Was kann ich tun? Ich will es wirklich versuchen: verstehen und in Aktion treten. Nichts großes, aber etwas tun.
  9. Zusammenfassend also auf die Suche nach diesem sagenumwobenen Gleichgewicht (siehe Punkt 1) gehen.

Wegweiser

Insofern schließe ich dieses Thema mit den Aussagen 1 bis 9 ab, die mir hoffentlich ein wenig den Weg weisen, wenn mich dieses Gefühl der Diskrepanz überkommt. Wenn negative Dinge sich in der Welt häufen und ich aber einfach nur Lust auf Wohlfühlblase habe. Ich werde mit der Zeit sehen, ob das hier ein Wegweiser sein kann oder nicht. Ob ich wirklich Kraft schöpfen kann, um Dinge anzustoßen oder ob das alles hier nicht doch nur eine Rechtfertigung ist.

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Ich merke, dass dieser Text noch mehr aufwühlt in mir. Viele Einwände, viele „Aber bedenke doch auch“s, viele unerwähnte Zwischentöne. Deshalb fiel es mir so schwer, diesen Gedanken in einen Text zu fassen. Ich bin noch lange nicht fertig, glaube ich.
Und ich bin froh, erleichtert und stolz, was am Ende herausgekommen ist.