Meine Wohlfühlblase mit meinem Gewissen vereinbaren

In den letzten Tagen habe ich wiederholt versucht, einen Text zu schreiben. Aber meine Gedanken waren so verworren, kein roter Faden erkennbar. Immer wieder habe ich von Neuem angefangen. Mal mit Fragen, die mir durch den Kopf gingen, dann doch lieber mit den Antworten, die ich darauf fand. Aber es wollte nicht so richtig werden. Es war frustrierend für mich, meine Gedanken nicht schriftlich sortieren zu können. Also hab ich es erst mal gelassen. Jetzt versuche ich mit einem anderen Ansatz meine Gedanken mitzuteilen. Gewissermaßen aus der Distanz.

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Der Gedanke: Wohlfühlblase und Weltgeschehen

Der Gedanke, den ich ausführen wollte, beschäftigt sich mit meinem schlechten Gewissen, das ich habe, wenn ich mich zurzeit zufrieden in meine Wohlfühlblase begebe, die mit Hobbys und Projekten geschmückt ist. Zur gleichen Zeit passieren weiterhin Dinge auf der Welt, die mit dem Wort „schlecht“ nur sehr oberflächlich beschrieben werden können. Als ob die Pandemie an sich nicht genug wäre, haben sich in den letzten zwei Wochen schlimme Dinge ereignet, die die Menschen vor Ort sehr verunsichert zurücklassen. Ich, aus der Ferne, kann kaum erahnen, was für ein schreckliches Gefühl es sein muss, wenn sich ein Attentat in der eigenen Stadt ereignet. Dazu diese Woche der Beginn des Lockdown lights und die Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten. Alles kräftezehrend. Aber für mich nur sehr am Rande. Schnell erscheint mir das Weltgeschehen wieder fern und ich nehme sie nur zur Kenntnis. So sehr habe ich mich in meine kuschlige Blase eingemummelt. Ich sitze zuhause, freue mich auf die Zeit mit mir und genieße sie. Weil ich meinem Interesse nachgehen konnte, mich neu ausprobiert habe, etwas gelernt habe. Und mir wird bewusst, wie ignorant ich dem Weltgeschehen gegenüber sein kann.

Die Frage(n)

Die Fragen, die ich mir stellte, waren also:
Darf ich guten Gewissens mich ständig mit meinem Wohlbefinden und Glücklichsein beschäftigen, während da draußen so vieles beschissen läuft? Möchte ich so ignorant und egoistisch sein und mich so abschotten?
Die Wörter ignorant und egoistisch sind bei mir negativ behaftet, obwohl ich mittlerweile nicht mehr denke, dass egoistisch ausschließlich schlecht sein muss.
Meine Antwort darauf? „Ja, ich darf.“ Aber Teil der Antwort ist auch eine Gegenfrage. Für mich stellt sich am Ende nicht mehr die Frage, ob ich das will und darf, mich vom Weltgeschehen zurückzuziehen. Viel mehr frage ich mich jetzt:
Wie und wie lange will ich das bzw. mich davon zurückziehen?

 Die Antwort(en) auf die Gegenfrage

Diese Frage beantwortet jede:r für sich selbst – ganz klar. Jede:r hat eine eigene Biografie und Umstände, die die Antwort beeinflussen. Meine Antwort sieht wie folgt aus:
  1. Es braucht ein Gleichgewicht aus Entspannung und Spannung.
  2. Spannung: Sich mit dem Weltgeschehen beschäftigen, wissen was um mich passiert und hingucken.
  3. Entspannung: Ich darf mir gute Zeit gönnen und diese genießen.
  4. Diese Entspannungsphase kann aber nicht ewig andauern, denn durch die Beschäftigung mit mir selbst (auch bekannt unter Me-Time oder Selbstoptimierung) wird die Welt auch nicht besser.
  5. Die Welt wird aber auch nicht durch ein schlechtes Gewissen besser. Viel mehr braucht es Aktion. Was folgt aus dem schlechten Gewissen?
  6. Ich nutze die Zeit der Entspannung, um – welch Überraschung! – mich zu entspannen. Freier Kopf. Daraus kann ich hoffentlich Kraft tanken.
  7. Ich erwarte aber auch von mir, Verantwortung zu tragen, wenn ich die Kraft dazu habe. Verantwortung kann sehr unterschiedlich definiert werden. Dazu gehört meiner Meinung auch schon zu wissen, dass die Welt als System verdammt ungerecht ist. Und sich als Teil des Systems zu sehen, was bedeutet, dass man auf jeden Fall irgendwie „mit drin hängt“.
  8. An dieser Stelle, mit dem Wissen, darf es im Alltag durchaus enden. Langfristig will ich weiter: Was kann ich tun? Ich will es wirklich versuchen: verstehen und in Aktion treten. Nichts großes, aber etwas tun.
  9. Zusammenfassend also auf die Suche nach diesem sagenumwobenen Gleichgewicht (siehe Punkt 1) gehen.

Wegweiser

Insofern schließe ich dieses Thema mit den Aussagen 1 bis 9 ab, die mir hoffentlich ein wenig den Weg weisen, wenn mich dieses Gefühl der Diskrepanz überkommt. Wenn negative Dinge sich in der Welt häufen und ich aber einfach nur Lust auf Wohlfühlblase habe. Ich werde mit der Zeit sehen, ob das hier ein Wegweiser sein kann oder nicht. Ob ich wirklich Kraft schöpfen kann, um Dinge anzustoßen oder ob das alles hier nicht doch nur eine Rechtfertigung ist.

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Ich merke, dass dieser Text noch mehr aufwühlt in mir. Viele Einwände, viele „Aber bedenke doch auch“s, viele unerwähnte Zwischentöne. Deshalb fiel es mir so schwer, diesen Gedanken in einen Text zu fassen. Ich bin noch lange nicht fertig, glaube ich.
Und ich bin froh, erleichtert und stolz, was am Ende herausgekommen ist.

Ära Blog – Bin ich zu spät?

Der Beginn meines Blogs. Und ein Gefühl werde ich nicht los: Dass ich es eine Dekade zu spät beginne.

Damals und was dann (wahrscheinlich) bei mir passiert ist

Blogs waren gefühlt um die 2010 cool (Zeitangabe ohne Gewähr). Aber in den letzten Jahren ist die Anzahl an aktiven Blogs, die ich lese, stetig gesunken und ich finde mich öfter auf der Suche nach neuen Blogs wieder.
Interessen und Themen haben sich bei mir verändert, sicherlich. Ich habe in den letzten Jahren einige Blogs schnell aussortiert, nachdem ich sie entdeckt und gemerkt habe, dass sie meinem Geschmack nicht entsprochen haben. Und ich finde weiterhin kaum Blogs, die mich langfristig ansprechen. Dabei erschien mir das Finden von Blogs früher so einfach. Damals gab es auf Blogs oft einen sogenannten Blogroll, wo befreundete Blogs verlinkt waren und von dem ich mich weiterklicken konnte und so neue interessante Blogs entdeckt habe. Dieser Blogroll ist mit der Zeit auch verschwunden.
Gleichzeitig denke ich auch, dass meine Ansprüche gestiegen sind. Viele Blogs, die ich schon lange verfolge, lese ich nicht nur wegen des Inhalts, sondern auch wegen der Verbindung zu der Person hinter dem Blog, die mich zu irgendeiner Zeit in meiner Vergangenheit sehr angesprochen hat. Wenn ich dieser Person und ihrem Blog heute das 1. Mal begegnen würde – ich weiß nicht, ob ich ihr folgen würde. Aber weil ich sie vor langer Zeit entdeckt habe, ist es so ein bisschen wie gemeinsam wachsen und ich bin interessiert daran, wie es der Person ergangen ist und wie es ihr geht. Ein bisschen wie alte Freundschaften. Und diese Sparte ist mehr und mehr geschrumpft. Weil auch ihr Leben sich verändert hat und das Bloggen bei ihnen nicht mehr Priorität hatte und der Blog immer seltener bespielt wurde.

„Ist es zu spät?“

Und jetzt komme ich also um die Ecke und will mit einem Blog loslegen. Und frage mich, ob es schon zu spät ist, um in die Ära Weblogs aka Blogs in der Sparte „Persönliche Blogs“ einzusteigen. Die Sparte „Ich schreibe einfach mal irgendwelche Gedanken von mir ins Internet, auf meinen ganz! eigenen! BLOG!“.
Wenn ich mir meine Bloglandschaft, die scheinbar immer weiter schrumpft, anschaue, dann würde ich sagen „Ja, es ist zu spät“. Denn irgendwie scheint das Interesse an solchen Blogs nicht mehr da zu sein. Wer will denn „random Gedanken“ von irgendwem (mir) lesen?
Einige der langjährigen und noch aktiven Blogger:innen schreiben manchmal, dass auch sie hin- und hergerissen sind, ob das Medium Blog noch interessant ist. Bei solchen Texten kommen mir Zweifel auf, ob das Bloggen „übers alltägliche Leben“ noch überlebensfähig ist.
Gleichzeitig sind sie so dankbar für die Erfahrung, die Erlebnisse und die Gefühle, die mit dieser scheinbar längst vergangenen Zeit verbunden sind und ein warmes, nostalgisches Gefühl begleitet ebenso diese Texte. Und dann erinnere auch ich mich wieder daran, was mich an Blogs fasziniert.
Und diese Faszination am Blog als Medium und die Idee, die ich mit meinem Blog umsetzen will, nehme ich als Anlass, um diesen Blog zu starten. Vielleicht bin ich wirklich gerade am Ende der Ära Weblogs. Vielleicht kommt es mir aber auch nur so vor, weil ich wieder mehr Gleichgesinnte und diese „Bubble“ suchen und finden muss. Wenn es wen gibt, der:die heute nach wie vor gerne und aktiv bloggt, als Hobby oder Beruf: Melde dich und ich werde mal vorbeischauen! 😀

Los … !

Ausprobieren werde ich es also, ganz nach „Probieren geht über studieren“ oder „No risk no fun“ und so.
In dem Sinne: Es geht endlich los! ^_^