Ankündigung: Repairdate

Ich rede (schreibe) viel übers Stopfen, aber es ist tatsächlich schon eine ganze Weile her, dass ich aktiv meinen Reparaturstapel abgebaut habe. Zuletzt im Oktober 2023 – das war eines von drei reparierten Stücken.

Dies ist also meine Ankündigung in den kommenden Wochen wieder was anzupacken und zu reparieren!

Inspiriert durch Selmin und ihrem Blogpost Ein Repairdate – Zack, komplettes Outfit habe ich mir schon lange ein Repairdate vorgenommen. Die Idee ist so charmant und endlich habe ich mir einen Termin gesetzt und in meinen Kalender eingeplant! Das Date wird also das Mindeste sein, was ich machen werde. Aber ich hoffe ja sehr, dass ich auch schon vor und nach dem Date wieder etwas reparieren werde.

Dabei geht es nicht so sehr um das WIE VIEL, sondern vielmehr um das DASS (auch wenn „Mehr ist mehr“ in diesem Fall zutrifft). Auch muss es nicht nur stopfen sein, sondern alles was das Technikrepertoire so zulässt und das Reparaturherz höher schlagen lässt, ist erlaubt und erwünscht – es heißt nicht umsonst Repairdate höhö.

Frühestens Mai gibt’s dann den passenden Bericht. Frohes reparieren 🪡

Dieser Post ist ein Teil der Reihe <Mein stopfendes Leben>.

„Das Stopfen ist mein Hobby.“

Das Stopfen ist mein Hobby. Ich bin also bereit, freiwillig Zeit in diese Tätigkeit zu investieren und genieße diese Zeit. Ich repariere gerne ein Kleidungsstück und „rette“ es damit vor dem Wegwerfen, weil es mich reizt etwas wieder funktionstüchtig zu machen und aus dem kaputten Zustand zu heben. Der Weg dahin ist die Herausforderung, die mich anspornt: das Verständnis für das Stück vor mir, die Anwendung einer passenden Technik und zu sehen, wie es sich fügt, Webreihe um Webreihe oder Masche um Masche. Diese Herausforderung zu meistern und am Ende das Stück wieder tragfähig gemacht zu haben, hyped mich.

Ich „rette“ es aber nicht aus nachhaltigen Gründen und um weniger Müll zu produzieren. Das ist zwar ein sehr positiver Nebeneffekt, wenn ich stopfe, aber für mich nicht der priorisierte Zweck. Warum ich das erzähle?

Das Narrativ

Das Narrativ, dass ich der Umwelt zugute und aus Nachhaltigkeitsgründen stopfe, trifft auf mich nicht zu und daher möchte ich es nicht (mehr) bedienen. Ich habe das Thema Nachhaltigkeit nie in den Mittelpunkt rücken wollen, aber es schwingte wahrscheinlich immer irgendwo mit. Ein Gespräch ist mir in Erinnerung geblieben und seitdem trage ich so ein unbehagliches Gefühl mit mir rum. Dieses Gefühl habe ich in den vergangenen Tagen auseinander gedröselt und dabei kam die Schlussfolgerung von oben heraus.

Das Gespräch

Ich musste mich bei einem Workshop selbst vorstellen und habe dabei das Stopfen als Hobby genannt. Beim Mittagessen kamen ein Teilnehmer und ich auf das Thema zurück und er meinte, dass er sich frage inwiefern das Stopfen im Alltagsleben realistisch ist. Man finde doch keine Zeit für so eine Tätigkeit und ob sich der Zeitaufwand lohne. Ich widerspreche ihm in keinem Punkt. Dennoch hatte ich das Gefühl, er rechtfertigte sich dafür, dass es keine Zeit gibt zu stopfen, zu retten. Und irgendwas hatte dieses Gespräch mit mir gemacht und ein unbehagliches Gefühl blieb und ich fragte mich, wie privilegiert ich sein muss, mir Zeit nehmen zu können.

Zeit und Geld und Wert

Es muss Zeiten gegeben haben, in denen Stopfen eine alltägliche Sache gewesen sein muss und wo man das beigebracht bekommen hat fürs Leben. Zeiten, in denen (a) nicht die Massen an Kleidung vorhanden war und damit einhergehend gemäß des geringeren Angebots Kleidung teurer gewesen sein muss; und (b) Menschen dann nicht genug Geldmittel hätten, um neue Kleidungsstücke erstehen zu können; ergo: die Kleidung die man besaß, musste man pflegen und so lang wie möglich instand halten.

Aber heute trifft (b) nicht mehr zu, weil (a) nicht mehr zutrifft: Es gibt viel Kleidung und Kleidung ist günstig. Es ist in vielen Fällen wahrscheinlich billiger, neue Kleidung zu kaufen als die bestehende zu reparieren. Und wir wissen: Zeit ist Geld. Kleidung muss nicht mehr instand gehalten werden, um tragfähige Kleidung im Schrank zu haben. In unserer Welt ist das Stopfen für den persönlichen Wohlstand obsolet geworden.

Überhaupt gilt: Zeit ist Zeit. Bei der Fülle an Optionen, seine Zeit zu verbringen, kann ich es verstehen, wenn Stopfen nicht gerade auf der Hitliste an Position 1 steht. Oder überhaupt in den Top 50.

Ich bin mir sicher, auch zu einer anderen Zeit war Zeit als Kapital wertvoll und die eigene Kleidung zu reparieren war Arbeit, so wie es heute auch noch ist. Heute, wo gefühlt ständig Zeitknappheit besteht, wer würde diese Arbeit freiwillig machen wollen, wenn man das nicht mehr muss?

Nicht für die Umwelt – für die Faszination

Für die Umwelt? Das wäre ehrenswert, äußerst ehrenswert. Aber ich werde dir das zumindest nicht sagen. Denn ich agiere nicht aus der Position heraus. Ich mache das aus purer Freude am Stopfen im Speziellen und Reparieren im Allgemeinen und daraus resultierend dem individuellen Retten. Ein Hobby eben. Und für Hobbys nimmt man sich gerne die Zeit. Ein Hobby ausleben zu können, ist ein Privileg – ganz allgemein gesagt. In jeder Hinsicht – zeitliches Kapital, finanzielles Kapital, mentales Kapital.

Sicherlich, ich finde es schade, wenn Dinge entsorgt werden, obwohl sie eine Chance auf ein weiteres Leben haben. Meiner Meinung nach sollte die Arbeit hinter jedem Kleidungsstück gewertschätzt werden – egal wie günstig es hergestellt wurde. Aber verurteilen möchte ich niemanden dafür. Ich hoffe dennoch, dass mehr Leute den gleichen Reiz wie ich im Stopfen/Reparieren finden. Es muss nicht direkt ein Hobby werden und der riesige Spaß sein wie bei mir. Wenn du aber zumindest bereit bist, es mal zu probieren und irgendwann mal die Chance beim Schopfe passt, dann ist damit für mich schon viel getan. Alternativ bringst du jemand aus deinem sozialen Umkreis dazu 😛

Wer weiß, welch Überraschung hinter dem Stopfen steckt und wie du dich bzw. Person X sich fühlen wird? 🎁

Dieser Post ist ein Teil der Reihe <Mein stopfendes Leben>.

Die gemusterte Bluse und das Fast-Chamäleon | lernlogbuch stopfen

Bei kaputter Kleidung ist es ja so: Das Loch mag noch so klein sein, es mag noch so sehr versteckt sein und es würde eh nie jemand auf diese Stelle drauf schauen – aber wenn ich es einmal gesehen habe, ist es das Einzige was ich von diesem Kleidungsstück noch sehe. Würde ich es auswärts tragen, würde niemand den Makel entdecken. Aber das wäre mir reichlich egal. Ich sehe nur noch das Loch.

So erging es also der gemusterten Bluse.

Auf der rechten Seite, an der Naht wo das Vorder- und das Hinterteil miteinander verbunden sind, recht weit unten und nahe des Saumes, hatte sich ein Riss eingeschlichen. Das im schlechten Winkel wie ein Loch aussah. Entsprechend lag die gemusterte Bluse auf dem Reparaturstapel. In Vorbereitung auf die Reise letzten Herbst bin ich Kleidung durchgegangen – sogar die, die auf dem Reparaturstapel lag. Und tatsächlich habe ich mir ganze drei Teile für die Reise aus ebendiesem Stapel ausgesucht. Es waren bestimmt nur noch paar wenige Wochen bis zum Abreisetag. Und die Kleidungsstücke lagen sicherlich schon seit zwei Jahren auf dem Stapel und im Sinne des Prinzips „Aus den Augen, aus dem Sinn“ war deren Existenz zwischendurch ganz vergessen. Wie groß war also die Wahrscheinlichkeit, dass diese drei Teile es zurück ins Leben schaffen würden?

Die Vorbereitung

Ich wollte das Muster mehr oder weniger nachbilden, also unsichtbar stopfen. Entsprechend mit weißem Garn erst mal die Fläche wiederherstellen, dann mit rotem Garn irgendwie das Muster nachmachen. Ohne wäre der dann reine weiße Blobb mir zu auffällig gewesen inmitten des ganzen Musters.

Die Umsetzung

Für die weiße Fläche habe ich die Webstopfmethode genutzt. An einer Naht zu arbeiten ist nicht so angenehm wie auf einer reinen Fläche, v.a. weil sich das Loch/Riss zu beiden Seiten erstreckte. Der Weißton meines Garns ist zu warm, aber sei‘s drum. Mit rotem Garn habe ich dann gestickt, und habe mich an den Formen auf der Bluse orientiert, so Mini-Blätter. Ich habe wenig Stickerfahrung und habe das entsprechend eher Freestyle gemacht.

Die Fotostempel verraten mir eine Dauer von ca. 1.5 Stunden, an einem Tag.

Der Abschluss

Es ist keine ganz unsichtbare Reparatur, aber trotzdem finde ich sie gelungen und der Stickteil war was Neues für mich. Ich habe nicht super sauber gearbeitet, aber am Ende ist das Loch weg und damit wurde die Bluse wieder tragbar für mich. Die Bluse durfte mit auf die Reise. Mission completed! 

Gedanken drumherum

Was ich immer wieder erstaunlich finde: Die Arbeitszeit und die Wartezeit stehen sich in einem krassen Gegensatz gegenüber. Es ist fast lächerlich.

Die Kleidung lag seit mindestens zwei Jahren auf dem Reparaturstapel. Mit 1.5 Stunden ist diese Reparatur etwa eine Spielfilmlänge lang. Hätte ich diese Zeit irgendwann früher mal investiert – und es ist ja eine absehbare Zeit – dann wäre die Bluse mit einem annehmbaren Energieaufwand schon viel eher wieder ein Teil meines Kleiderschranks geworden.

Sicherlich, in ebendieser Zeit habe ich einiges gelernt und bin selbstsicherer geworden was die Methoden angeht. Aber oft geht es erst mal darum, den Makel irgendwie mal angefasst zu haben und um den Versuch es zu reparieren. Das ist das, was ich von dieser und anderen Reparaturen mitnehme: einfach mal dransetzen und machen!

(Spoiler: Ich schaffte es, alle drei Teile für die Reise wieder fit zu machen!)